Volkswirtschaftstheorie, Dogmengeschichte

Volkswirtschaftstheorie, Dogmengeschichte
1. Die Volkswirtschaftstheorie ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Zwar lassen sich schon bei Philosophen des Altertums – wie  Aristoteles – wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen finden, ebenso bei Theologen des Mittelalters, v.a. bei  Thomas von Aquin.
- 2. Zu einer systematischen Behandlung wirtschaftswissenschaftlicher Fragen kommt es jedoch erst in der Neuzeit, mit dem Aufkommen der Nationalstaaten im 17. und 18. Jh. Die erste gesamtwirtschaftliche Betrachtung stammt von  Quesnay, der in seinem „Tableau Économique“ den wirtschaftlichen Kreislauf schematisiert. Die Grundlagen der heutigen Volkswirtschaftstheorie legte  Smith in seinem Hauptwerk „Wealth of Nations“. Alle späteren Autoren fußten auf Smith, haben sein System in einigen Details korrigiert oder um wichtige Aspekte erweitert, aber nicht revolutioniert, auch wenn dies immer wieder behauptet oder in Anspruch genommen worden ist. Die Volkswirtschaftstheorie von Smith ist im 19. Jh. zur klassischen Theorie ausgebaut und verfeinert worden, bes. von  Ricardo,  Malthus und  Mill ( klassische Lehre). In dieser Tradition steht auch die Analyse von  Marx, der seine  Arbeitswertlehre von den Klassikern übernahm und dessen unhaltbare Prognosen von der Volkswirtschaftstheorie nicht gedeckt sind.
- Regionale Verbreitung: Die Volkswirtschaftstheorie der englischen Klassiker griff auf den Kontinent über und fand in Frankreich ebenso Anhänger (z.B.  Say und  Bastiat) wie in deutschsprachigen Ländern (z.B.  Thünen, Rau und Hermann). In diesen gewann ab 1850 indessen die Historische Schule maßgeblichen Einfluss – mit Ausnahme von Österreich – der etwa hundert Jahre andauerte. Die deutsche Sonderentwicklung hat sich als Irrweg, in ihren wissenschaftlichen Ergebnissen als international bedeutungslos erwiesen.
- Die klassische Lehre hatte einen ersten Schwerpunkt in der Angebotstheorie ( Angebotsökonomik), einen zweiten in der  Mikroökonomik. Beide sind in der Folgezeit korrigiert worden. Um 1870 entwickelte sich – zeitgleich, aber unabhängig voneinander – in Wien ( Menger), Cambridge ( Jevons,  Marshall) und Lausanne ( Walras) die subjektive Wertlehre der Neoklassik, die eine theoretisch konsistente Angebots- und Nachfragetheorie ermöglichte.
- 3. Zur makroökonomischen Abrundung der klassischen Volkswirtschaftstheorie haben v.a. Ökonomen dieses Jahrhunderts beigetragen, zum geldtheoretischen Ausbau  Fisher und  Friedman, zur Analyse der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage  Keynes (Keynesianismus). Neuere Entwicklungen haben die Methoden verbessert ( Aktivitätsanalyse,  Ökonometrie) oder alternative Sichtweisen eingeführt ( Spieltheorie), den traditionellen Bestand der Volkswirtschaftstheorie jedoch unverändert gelassen. Die auffälligste Änderung der letzten Jahrzehnte ist, dass in der Volkswirtschaftstheorie die mathematische Ausdrucksweise erheblich zugenommen hat.

Lexikon der Economics. 2013.

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